cinegeek.de's Movie Review of Swept Away... by an Unusual Destiny in the Blue Sea of August ( Travolti da un insolito destino nell'azzurro mare d'agosto )

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Swept Away... by an Unusual Destiny in the Blue Sea of August ( Travolti da un insolito destino nell'azzurro mare d'agosto )

Pathos
cinegeek.de - wrote on 05/12/16

Our Daily Free Stream: Lina Wertmüller - Swept Away (english dubbed). Lina Wertmüller ist konsequent darin, eine Fabel über die Bourgeoisie vs. das Proletariat zu erzählen. Genauso konsequent verweigert der Film die Interpretation, hier ginge es nur um Mann und Frau. Ganz nebenbei geschieht hier Ungeheuerliches und du wirst nach dem Film so einige Nachwirkungen spüren. Es gibt vieles, über das man sich hier in den Kopf zerbrechen kann (und genau das wirst du auch tun!) - doch ganz abgesehen davon funktioniert Swept Away auch einfach als schwarze Komödie ganz vortrefflich! Vorgestellt wird uns ein Segler, der so wirkt als hätte er gerade ein Fortbildung im Macho-Gehabe italienischer Art hinter sich. Ihm gegenüber eine schöne Blondine, die ihn in Sachen Macho-Gehabe sogar noch übertrifft. Sie ist das Spielzeug eines reichen Industriellen aus dem Norden. Der sizilianische Arbeiter gegen die Unternehmer-Gattin. Sie nimmt jede Gelegenheit wahr, um ihn spüren zu lassen, für wie dumm und unfähig sie ihn hält - und obendrein noch Kommunist! Schliesslich ordnet sie an, am späten Nachmittag mit dem Schlauchboot auf See zu fahren. Er warnt sie davor, weil es gefährlich sei, doch sie besteht auf ihr Vergnügen. Der Motor des Bootes blockiert und beide treiben ab. Noch spielt sie die grosse Dame, schmeisst einen Fisch weg, den er fängt, weil der stinkt. Sie landen auf einer Insel und die gesellschaftlichen Positionen, die eben noch galten, verkehren sich in ihr Gegenteil. Mit der Finanzkraft ihres Gatten war es ihr möglich, den Segler zu demütigen. Auf der Insel aber zählen nur die Fähigkeiten, die man zum nackten Überlegen braucht. Besonders kontrovers: Es sind männliche Fähigkeiten. Nun kann er sie befehligen. Will sie essen, muss sie seine Unterhosen waschen. Sie quietscht und stöhnt und argumentiert - aber ohne Erfolg. Dann geschieht das Unvermeidbare: Sie, die so lange verwöhnt wurde, wird mit aller Kraft von der Situation angezogen. Er erlegt ein Kanichen, zieht ihm das Fell ab. Von tiefer Trauer über den grausamen Tod des niedlichen Tiers getroffen, stirbt auch etwas in ihr: Der Kampfgeist. Sie gibt sich ihm hin. Viele fühlen sich an dieser Stelle unangenehm berührt. Er schlägt sie, sie verzehrt sich nach ihm. Lina Wertmüller vertritt zwar linke, kommunistische Positionen - eine Feministin aber ist sie nicht. Ich denke, sie will uns zweierlei mitteilen. 1) Ohne die Fassade des Geldes, kann der Kapitalist nicht überleben. Der Arbeiter aber sehr wohl! 2) Die Frau ist eine unterwürfige Masochistin und geniesst es, vom Mann kommandiert zu werden. Wohl bemerkt: Der Film wurde in der Mitte der 70er inszeniert, zu einer Zeit, da die Feministinnen genau diese Vorstellung aus der kollektiven Fantasie tilgen wollten. Nun kommt aber eine der wenigen RegisseurINNEN und macht einen ganzen Film daraus! Und: Wertmüller macht ernst, andere sogenannte "Skandalstreifen" wirken neben Swept Away wie Kindertheater! Wir erleben die Untiefen einer sadomasochistischen Beziehung mit viel Gewalt. Je mehr sie sich unterwirft, desto mehr Lust verspürt sie, ja sie fühlt das Pathos der Liebe. Doch wir haben es mit einem gegensätzlichen Paar zu tun. Nun müssen sie sich entscheiden: Bleiben sie abgeschieden auf der Insel oder kehren sie in die Zivilisation zurück? Der Segler kann nicht glauben, dass sie ihn wirklich liebt. Er verlangt einen Beweis, indem sie zurückkehrt und trotzdem bei ihm bleibt. Ohne zuviel verraten zu wollen, beweist Wertmüller, wie das Klassensystem über unsere Wünsche dominiert. Das mag unbefriedigend sein, aber Wertmüller verfolgt eben ihre politischen Ambitionen und nicht das Begehren ihrer beiden Hauptfiguren. Swept Away, ein Film, dem die Aussage wichtiger ist als seine vordergründige Geschichte. Dennoch: Wir tauchen ein in die Handlung, sind gefesselt und - habe ich das schon erwähnt? - es gibt sehr viel zu lachen! Giancarlo Giannini hat diese riesigen ausdrucksstarken Augen und es ist eine Wucht, wie er seine Figur schliesslich der Frau offenbart, die er eben noch hasste. Um 180 Grad ändert auch Mariangela Melato (mit der wahnsinnigen Stimme!) ihren Charakter, obwohl es so aussieht, als würde sie das gar nicht mitbekommen. Fast ist es zu bedauern, dass Wertmüller einen politischen Film drehen wollte und nicht einfach eine krachige Liebesgeschichte. Wie dem auch sei, der Film gehört zu meinen absoluten Favoriten und ich bin jedes Mal wieder aufs Neue überwältigt!

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