cinegeek.de's Movie Review of Bed & Board ( Domicile conjugal )

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Bed & Board ( Domicile conjugal )

Eheleben
cinegeek.de - wrote on 05/03/16

"Antoine Doinel will die Gesellschaft nicht verändern. Er misstraut ihr, schützt sich vor ihr. Aber er ist voll guten Willens und sucht Anerkennung." (François Truffaut über sein Alter Ego). Hier kommt er also wieder, zum 3 1/2. Mal, denn Truffaut inszenierte zuvor zwei Langfilme und einen Kurzfilm mit Antoine. Der erste, die Kindheit seines Helden, ist ungefähr der von Truffaut selbst nachempfunden, wie er straffällig wurde und durch die Strassen von Paris schlawinerte. Der erste Doinel Film gehört zu den Grundfesten der Nouvelle Vague und veränderte die gesamte Filmwelt über Nacht. Ich erinnere mich aber nicht daran, weil er historisch "wertvoll" ist, sondern weil er so intim, so berührend ist - und diesen Swing hat - den nur Truffaut so hinkriegt! Während die Hollywood Filme der frühen 60er steril wirkten, musste Doinel den Menschen so vorgekommen sein, als ob sie dem Rhythmus des Lebens selbst zusehen durften. Anstatt eines angestrengten Plots, verbringen wir einfach ein bisschen Zeit mit diesem Jungen und seinen ersten Erfahrungen. Es gibt die Art von "Klassiker", den diejenigen, die das Pech haben, Filmwissenschaften zu studieren, zu Tode analysieren. Truffauts Debüt gehört nicht dazu! Sein erster Doinel wirkt immer noch genauso frisch wie in den 60ern! Nach neun Jahren liess Truffaut Jean-Pierre Leaud 1968 dann wieder Antoine Doinel spielen. Wir erleben ihn, wie er verschiedene Jobs und Liebschaften durchprobiert. Im Grunde hat er sich zu einem ganz normalen jungen Mann entwickelt - was verwunderlich ist, denn ich hätte nach dem ersten Doinel Film erwartet, dass er ein ganz besonderer Typ werden müsste! Es kommt anders, er ist zu einem freundlichen jungen Mann um die zwanzig geworden, der nicht anders wirkt als du oder ich. Nun, im dritten Doinel Film ist er sogar ein Bourgeois (wenn auch mit stillen Anarcho Qualitäten)! Er hat Christine geheiratet, das Mädchen, dass ihn im 68er Teil zu einer desaströsen Dinner Party nach Hause einludt. Beide leben in einem schicken Apartment, dass bestimmt Christine eingerichtet hat, direkt über dem Hof, in dem Antoine arbeitet. Offensichtlich fühlt er sich zu keiner normalen Arbeit berufen, färbt Rosen in einem Blumenladen. Truffaut verschafft uns während des Films einen genauen Überblick über diesen Hof. Ist es tatsächlich so, dass hier etwas Merkwürdiges vor sich geht? Und passt Antoine wirklich in dieses Domicile Conjugal? Immerhin beginnt er eine Affäre mit der schönen Japanerin Alas, die sich immerfort bedankt und es fällt Antoine schwer, auf dem Boden zu essen, denn es verursacht bei ihm Beinkrämpfe. Während eines Essens mit Alas ruft er heimlich Christine an (er weist sie aber darauf hin, dass er nicht viel Zeit hätte zu reden und dreht den Spiess der Affäre einfach um). Es scheint, als wäre er bereit für Christine und sie für ihn. Christine wird schwanger und Antoine kennt bereits die Zukunft für seinen Sohn, der es mindestens zum Komponisten schaffen muss. Alles ist bereit für das Happy Ending, wenn die Eheleute nachts nebeneinander im Bett liegen und lesen... Vergleichen wir den ersten Antoine Film mit diesem, wird deutlich, wie sehr sich Truffaut als Filmemacher wandelte. Er hat sich zu einem der freundlichsten und kultiviertesten Autoren entwickelt und die Antoine Reihe zu einer Art Autobiographie ausgebaut (wiederum neun Jahre später sollte er die Serie vollenden). Sie resultiert nicht aus Truffauts Leben, aber aus seiner Kunst. Truffaut liebt offensichtlich das Alltägliche, das ganz normale Leben. Es sind die Kleinigkeiten in Antoines Leben, die ihn faszinieren und das macht Dominicale Conjugal zu einem der unaufdringlichsten und liebenswertesten Filmen, die ich je gesehen habe.

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