cinegeek.de's Movie Review of Possession (1983)

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Possession (1983)

Gnade
cinegeek.de - wrote on 07/22/16

Our Daily Free Stream: Andrzej Zulawski - Possession. Ich habe mich immer noch nicht daran gewöhnt, Zulawskis ehemaliges "Video Nasty" in voller Länge zu sehen und in der Filmkunstbar Fitzcarraldo als Schmuckausgabe des tollen Labels Bildstörung verleihen zu dürfen (der youtube link dient den Schaulustigen, mal einen Eindruck zu bekommen. SEHEN könnt ihr den Film bei uns auf DVD in voller Schönheit!). Ich bin ehrlich begeistert! Früher fuhr ich wegen des Films zum Videodrom, doch die Antwort war jedes Mal negativ. Possession gab es nicht auf VHS. Der Grund: Isabelle Adjanis Kunst. Die mutigste schauspielerische Leistung, die je auf Celluloid gebannt wurde: Adjani im U-Bahnhof Tempelhof, possessiv, hysterisch, grandios! Possession traut sich, uns, die Zuschauer, selbst in einen Zustand der Trance zu bringen. Alles beginnt mit dem Ende einer Ehe. Anna (Isabelle Adjani) eröffnet Mark (Sam Neill), dass sie ihn verlassen wird. Sie muss, versteht aber selbst nicht genau warum. Anna ist verstört, trifft sich mit einem heimlichen Liebhaber und drückt ihre neu gewonnene Freiheit durch Akte der Gewalt aus. Mark stammelt etwas durch das Telefon und krümmt sich allein im Bett zusammen wie ein Fötus. Schon bald beginnt der Kampf. Sie schlagen sich in einem Strassencafe, Anna verstümmelt sich selbst mit einem elektrischen Küchenmesser. Der zweite surreale Akt beginnt mit der wahren Natur von Annas heimlichen Rendez-Vous. In einem verkommenen Apartment in Kreuzberg (übrigens in der Sebastianstrasse Ecke Luckauer in 36. Hier der link, wie es dort heute aussieht: https://www.youtube.com/watch?v=UnleWl52m5s). Bewohnt wird es von einem schleimigen nach Blut und Sex hungernden Monster, in dem Anna ihren neuen Partner findet, den sie nähert. Mark erlebt sein schrecklichstes Trauma als er seine Frau beim Sex mit dem Wurm beobachten muss (Carlo Rambaldi hat die Kreatur geschaffen.) Possession scheint kein Film zu sein, bei dem man reale Ereignisse als Inspiration erwartet - und doch ist genau das der Fall: Zulawski schrieb das Drehbuch nach der Trennung von seiner ersten Frau (die in seinen frühen polnischen Filmen die Hauptrolle spielte). Possession, ein Film über rasende männliche Eifersucht, aber auch über das Risiko persönlicher Freiheit. Zulawski hat seinen Film 1980 im geteilten Berlin inszeniert und macht auffällig oft Gebrauch von Weitwinkeln und Tiefenschärfe. Die erste Einstellung zeigt die Berliner Mauer, im Hintergrund die Wachsoldaten aus Ost-Berlin. Ein Mahnmal der Realität voller Gewalt und den Spannungen zwischen Ost und West (die Zulawski nur allzu gut kennt, da er selbst seine Heimat Polen verlassen musste). Die Trennung von Anna und Mark, im Film wird sie gespiegelt. Possession ist ein Werk von Furcht und tiefer Trauer. Etwas durch und durch Böses bemächtigt sich des Körpers von Anna (ist es diabolisch?). Das gipfelt in der Szene im U-Bahnhof, da Anna etwas zur Welt bringt, das sich auch Zulawski nicht traut, zu definieren. Ein Missverständnis, Zulawskis Kino als blosse Pyrotechnik misszuverstehen. Eine tiefe Beschäftigung mit den Geheimnissen der menschlichen Seele, auseinandergerissen durch ihre brutalen Widersprüche - das ist seine Intention. Zulaswki ist ein ausgesprochen romantischer Regisseur, ein passionierter Forscher dessen, was in uns zerrissen ist. Possession soll uns helfen, diesen Zustand zu überwinden trotz unserer dunklen Sehnsüchte. Tief im Innern ist Zulawskis Werk ein Film über die Suche nach Gnade.

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