cinegeek.de's Movie Review of Edge of Heaven, The ( Auf der anderen Seite )

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Edge of Heaven, The ( Auf der anderen Seite )

Bremen Istanbul
cinegeek.de - wrote on 04/26/16

Am besten beginne ich mit den Figuren, denn in diesem wundervoll melancholischen Film sind die einzelnen Charaktere wichtiger als die Handlung an sich. Aus folgendem Grund: Wir haben es mit mehreren, sich überlappenden Handlungssträngen zu tun. Die einzelnen Stränge berühren sich dabei nie, zumindest nicht für die einzelnen Charaktere. Für uns Zuschauer aber sehr wohl! Genau das mochte ich am meisten an Fatih Akins zweiten Film seiner Liebe, Tod und Teufel Trilogie! Zuerst begegnen wir dem alten Mann, Ali (Tuncel Kurtiz). Er kommt aus der Türkei und lebt in Bremen. Ali ist offensichtlich das, was die Deutschen herablassend "Gastarbeiter" getauft haben. Er besucht eine Prostituierte, Yeter (Nursel Kose). Es ist eine dieser Frauen, die in einem Schaufenster sitzen (in Bremen gibt es eine schmale Strasse, etwa der Hamburger Meile entsprechend. Yeter wird von zwei jungen Männern auf türkisch bedroht, sie würden sie töten, falls sie weiter diesen Beruf ausübt. Ali bietet ihr an, auf fester Bezahlungsbasis bei ihm einzuziehen und Yeter willigt ein. - Kurze Spoiler Warnung! - Das Kapitel wurde von Akin "Yeters Tod" genannt, weil Ali sie im Suff schlägt, so dass Yeter unglücklich fällt und stirbt. Ali landet daraufhin im Gefängnis. Das Ende eines traurigen Lebens, da Yeters Herz gebrochen war, weil sie es nicht mehr schaffte, Kontakt mit ihrer Tochter Ayten (Nurgul Yesilcay) aufzunehmen. Yeters Leichnam wird nach Istanbul überführt und dort lernen wir Alis Sohn Nejat (Baki Davrak) kennen. Er ist Professor an einer deutschen Universität, hat es sich aber zur Aufgabe gemacht, nach der Tat seines Vaters Yeters Tochter zu finden. Nun sucht er sie in Istanbul, wo er sich niederlässt mit einem Buchgeschäft. Ayten selbst ist eine Untergrundkämpferin im Konflikt mit den Behörden. Sie flieht nach Deutschland und lernt in Bremen, am Campus der Universität, Lotte (Patrycia Ziolkowska) kennen. Beide verlieben sich ineinander. Eine grosse passionierte Liebe! Ohne zuviel verraten zu wollen, landet Ayten letztlich doch in einem türkischen Gefängnis und Lotte versucht, ihr zu helfen. An dieser Stelle kommt der Auftritt der grandiosen Hanna Schygulla, diesem legendären STAR des Neuen Deutschen Films! Sie spielt Lottes Mutter und erkennt sich selbst in der Leidenschaft der Tochter wieder. Hat sie in der Vergangenheit nicht auch gekämpft? Nun aber hat sie Angst um Lotte, denn ihre Tochter ist genauso idealistisch wie naiv. Am Ende wird auch sie nach Istanbul reisen und bei Nejat leben. Auch sie wird sich auf die Suche machen nach Ayten... Eines der schönsten Erlebnisse ist das, dem Altern von Schauspielern zuzusehen. Was haben wir selbst in der Zwischenzeit gemacht? Wie ist es uns selbst ergangen? Schygulla war einst eine romantische Hauptdarstellerin, nun begegnen wir ihr wieder als rundlicher Dame von 65 Jahren. Aber was für eine 65jährige! Kein Plastikmodell mit entfernten Träsensäcken! So taktvoll und warmherzig! Wie sie leise spricht, fast flüstert! Schygulla leuchtet in ihrer Rolle dieser tragischen Figur und wir lieben sie für ihre Kunst! Ja, wir beten sie an! Wo aber ist nun die Auflösung des Knotens? An welchen Punkt finden diese Charaktere letztlich zusammen? Werden sie überhaupt im Plot zusammen geführt oder motivisch? Fatih Akin hatte das Gefühl, türkisch zu sein und sich vertrieben zu fühlen, in der Vergangenheit bereits gezeigt. Akin führt uns nun diese Personen vor, drei Eltern und drei Kinder, teils türkisch und teils deutsch. Ihr aller Leben wird davon bestimmt, dass einige von ihnen türkisch sind und die anderen deutsch. Ich denke, Akins Antrieb ist ganz einfach: Er möchte, dass wir seine Charaktere kennen lernen und sie mögen. Selbst Ali ist kein schlechter, "böser" Charakter. Er hat Yeter nicht mit Vorsatz getötet, es war ein tragischer Unfall. Im Verlauf des Films leidet (und freut) man sich mit ihnen. Ich fand Akins Figuren faszinierend! Keine von ihnen wirkt künstlich konstruiert und für keine wird übermässig viel Zeit aufgewendet, sie vorzustellen. Sie alle versuchen einfach, ihr Leben zu leben und das findet statt innerhalb zweier unterschiedlicher Kulturen. Im Grunde sind es gute Menschen, die wegen ihrer Fehler leiden müssen und versuchen, dass es irgendwie weitergeht. Ist das nicht bei uns allen so?

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