cinegeek.de's Movie Review of Scarface (1983)

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Scarface (1983)

Gier
cinegeek.de - wrote on 04/25/16

Our Daily Free Stream: Brian de Palma - Scarface. Zum Geburtstag von Al Pacino! - Brian de Palmas Scarface steht und fällt mit Al Pacinos Performance: Wie er aggressiv mit den Zähnen knirscht, Kaugummi kaut, Kokain zieht und mit den Armen ruderd - einige feiern ihn dafür, anderen ist das zuviel. Aber was hätten seine Kritiker denn erwartet? Etwa Realismus? Eine Charakterstudie? Einen massvollen Auftritt? Tony Montana ist all das nicht. Er lebt nur für seinen eigenen Ruhm. Von Beginn an, da er noch in einem kubanischen Flüchtlingscamp eingesperrt ist, geht es ihm um nichts anderes, sich selbst und damit jedem anderen etwas zu beweisen. Aus Kuba geflohen besitzt er in Florida nichts: Keine Waffen, kein Geld. Nichts ausser seinem Mut. Er wirkt gefährlich und erfinderisch und dieser Bluff ist seine Eintrittskarte in die Welt des Verbrechens. Montana ist einer der Hollywood Charaktere, die heute an der Uni gelehrt werden. Man behauptet sogar, dass Verbrecher die Rolle studieren, um Montanas Verhalten nachzuahmen. In diesem Sinne IST Pacinos Auftritt hyperrealistisch. Wenn ich meine Strasse, die Reichenberger, Richtung Kottbusser Tor entlang gehe, warten am Spätkauf mittags schon ein paar Montanas, die diese Theorie bestätigen wollen. Weil Montana so unzählige Male kopiert wurde, ist es schwer nachzuvollziehen, wie originell Pacinos Auftritt 1983 gewesen war! Damals gab es keine Latino Helden und Kokain war noch kein Klischee. Brian de Palma übernahm den Titel und einige Strukturen der Geschichten des Original Gangster-Klassikers aus dem Jahr 1932, der wiederum vom Leben Al Capones inspiriert worden war. In beiden Filmen erleben wir den Aufstieg und Fall des Gangsters, in beiden Filmen ist er obsessiv um seine Schwester bemüht. De Palmas Film ist jedoch kein konventionelles Remake, sondern verpasst Scarface einen ganz neuen Look (ein harter Gangsterfilm in bunten Neon Farben!), eine neue Umgebung und einen neuen Charakter. Wir befinden uns hier im Florida der frühen 80er zu dem Zeitpunkt, da Fidel Castro den ersten Kubanern eine Migration erlaubte. Er leerte einfach seine Gefängnisse. Am Anfang sehen wir Footage Material, in dem Castro erklärt, wie froh er darüber sei, die Konter-Revolutionäre los zu sein. Tony Montana ist pleite und kriminell. Er würde alles tun, um im gelobten Land zu etwas zu kommen. Noch im Flüchtlings-Camp tötet er einen Häftling und gewinnt die Gunst des Druglords Frank Lopez (Robert Loggia). Das Drehbuch schrieb Oliver Stone, der 20 Jahre später eine Castro Doku inszenierte, in der ein Gespräch von ihm selbst mit dem Revolutionsführer aufzeichnet. Stone hatte immer eine Vorliebe für exzessive Gewalt und Filme, die vor Energie platzen! Von ihm stammen die klassischen Zeilen Montanas wie: "All I got in my life is my balls and my word, and I don't break them for nobody." Für Pacino war die Rolle die Chance, einen Gegenpart zu spielen zu der Mafia-Rolle, mit der er berühmt wurde: Wir kennen Pacino als instinktiven, selbstbeherrschten Strategen. Montana dagegen ist aalglatt und durchgeknallt. Zehn Jahre später sollte de Palma einen weiteren Mafiafilm mit Pacino als gealterten Gangster, der versucht, rechtschaffen zu werden, inszenieren. Auf Montanas Stirn scheint ein riesiges "The World Is Yours" zu blinken und das bedeutet für ihn auch die Liebe einer Blondine: Elvira (Michelle Pfeiffer). Noch ist sie Franks Geliebte, bald aber wird Frank sterben und Elvira gehört Tony. Er weiss zwar, dass er sie unbedingt haben muss, aber überhaupt nicht, was er mit ihr anfangen soll (wir erleben den wohl schrecklichsten Heiratsantrag, den ich bisher gehört habe). Zwischen Tony und Elvira gibt es keine Romantik. Nur zwei Szenen haben sie miteinander und in beiden demütigen sie sich. Ich denke, Tonys Interesse gilt ganz seiner Schwester Gina (Mary Elizabeth Mastrantonio) und aus diesem inzestuösen Trieb, hält er jeden anderen Mann fern von ihr. Wegen ihr tötet er seinen einzigen Freund Manolo (Steven Bauer). Nur Manolo ist überhaupt in der Lage, Tony ins Gesicht zu sagen, wer er eigentlich ist: "Is this what you want, Tony?" Scarface ist ein typischer de Palma Film, der sich nur um grosse Gesten schert und nie um subtile Emotionen. De Palma Filme sind genau wie Tony Montana! Für mich sind selbst seine verfehlten Werke noch interessant, denn in jedem De Palma Film findet sich noch etwas Grossartiges! Scarface treibt nach vorn mit voller Energie zu seinem grandiosen Höhepunkt. Tonys Leben, seine Villa, seine Spielsachen werden glorifiziert, schliesslich endet alles in knappen Kompositionen, weil Tonys Welt in sich zusammenbricht. Unterlegt wird das von Giorgio Moroders kalten Electro-Pop, der den richtigen Ton findet für Tonys Welt, die oberflächlich zwar luxuriös ist, aber ohne jede Geborgenheit. Alles läuft zusammen bei Al Pacino, der ein perfekter Schauspieler ist! Schau dir mal frühe Filme von ihm an und dann Scarface. Es gibt nicht DEN Pacino Charakter, sondern eine breite Palette. Hier spielt er einen Mann, der immer mehr und mehr will und schliesslich von seinem eigenen Exzess getötet wird. In seiner letzten Szene liegt ein ganzer Berg Kokain vor ihm auf seinem Schreibtisch. Er wirft sich darüber, versucht alles auf einmal zu inhalieren. Sie zeigt einen Mann, der sich um nichts mehr kümmert, ausser seiner Bedürfnisse. Pacino spielt Montana vollkommen entfesselt und er muss das auch, den dorthin führt ihn seine Figur. (Wir stellen nicht den Film, nur den link zur Verfügung)

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