cinegeek.de's Movie Review of Serpico

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Serpico

Zynismus
cinegeek.de - wrote on 04/18/16

Our Daily Free Stream: Sidney Lumet - Serpico. Al Pacino scheint nach längerer Zeit wieder in einem interessanten Film über die Piraten aus Somalia mitzuwirken. Deshalb gibts heute Serpico! - Erlebt ein junger Schauspieler seinen ersten Erfolg, ist es in der Regel so, dass Hollywood ihn in eine Position stossen will, die Ruhm und Geld verspricht. Die Karriere des jungen Al Pacino aber verlief anders. Nach seinem Durchbruch mit dem immer noch grössten Mafia Thriller aller Zeiten, suchte er nach Rollen, die eine Entwicklung versprachen. Sidney Lumet, seit fast 20 Jahre ein Aussenseiter (der nicht in Hollywood arbeitete) konnte ihm diese Rollen anbieten. Inspiriert durch die wahre Geschichte des New Yorker Polizisten Frank Serpico, schrieben Waldo Salt und Norman Wexler ein Drehbuch, dass Pacino als langhaarigen Cop zeigt. Mit zerzaustem Bart sieht er aus wie ein Hippie, doch überrascht stellen wir fest, dass Serpico ein Cop im Untergrund ist! Am meisten verwundert uns aber noch eine andere Tatsache: Warum ist der bärtige Cop so wichtig? Weshalb würden ihn so viele Kollegen am liebsten tot sehen? Die traurige Antwort liefert jemand im Film: Wer traut schon einem Polizisten, der kein Geld nimmt? Ab diesem Moment erleben wir Serpicos Geschichte, die ihn nun sein Leben kosten kann. Es beginnt bereits auf der Akademie. Serpico beobachtet seine Kollegen, wie sie kleine Gefallen entgegen nehmen - als Tauschhandel wohlbemerkt. Nichts Aussergewöhnliches, zum Beispiel, in zweiter Reihe zu parken. Für den jungen Idealisten sind das allerdings untragbare Zustände. Durch eine Versetzung in einen anderen Bezirk, hofft er an bessere Polizisten zu kommen. Doch diese Hoffnung wird jäh zerstört! Gleich am ersten Tag wird ihm ein Umschlag zugesteckt mit dem Bestechungsgeld der Woche. Hier wird nun sein Dilemma deutlich. Serpico operiert in einem korrupten System, dass sich wie eine Epidemie über die ganze Stadt ausgebreitet hat. Dieses System hat seine eigenen Vorgaben und Serpico steht nun dazwischen: Wird er selbst Geld annehmen, also ein korrupter Cop werden oder wird er zum Spitzel? Serpico ignoriert das Problem zunächst und beruhigt sein Gewissen. Schliesslich haben die meisten Polizisten Familie und verdienen bei weitem nicht genug für ein sorgenfreies Leben. Serpico bringt sich allerdings schleichend in eine delikate Position, denn er beginnt bereits aufzufallen... Al Pacino schafft es, uns den jungen unbekümmerten Beamten, kurz nach der Ausbildung zum Gesetzeshüter, vorszustellen, im Kontrast zum späten gequälten Serpico. Wir erleben den Fall eines sympathischen Jungen voller Ideale zu einem verbitterten Mann, der alles und jedem misstraut. Serpico wird zu einem nervösen Charakter, der sich niemals fügt. Al Pacino lernte sein Schauspiel von Lee Strasberg und ging im Sinne des "Method Acting" an seine Rolle heran. Sein Frank Serpico ist nicht einfach ein Cop mit der hervorragenden Charaktereigenschaft "Cop". Er ist ein Mensch mit verschiedenen Interessen, der sich mit unterschiedlichen Leuten umgibt. Deshalb trägt er auch seinen Bart, der ihn eben nicht sofort als Cop ausgibt. Pacinos Figur ist in diesem Sinne ein Produkt der kulturellen Entwicklung der späten 60er. Versuch mal, einen Zusammenhang herzustellen zwischen der Hippie Bewegung und der intellektuellen Neugier Serpicos - das ist ein anderer faszinierender Effekt! Doch nicht nur Serpico, auch seine Freundin Laurie (Barbara Eda-Young) ist ein dreidimensionaler Charakter. Sie zeigt ihre Hingabe zu Serpico, sie liebt ihn, aber zunehmend gerät das unter den Prüfstand, durch Serpicos nervöse Anfälle. Welche Frau könnte die auf Dauer ertragen? Laurie fühlt sich schuldig dadurch. Sidney Lumet zeigt die Isolation Serpicos, in dem er ihn immer wieder in langen Einstellungen aus der Ferne vorführt. Serpico erscheint dadurch klein und hilflos. Er wirkt, als ob er ganz allein wäre in der Welt und Lumet macht diese Situation umso dringlicher, indem er immer wieder Nahaufnahmen der Cops um Serpico herum zulässt. Obwohl Lumets Film fast schmucklos wirkt, soll das nicht darüber hinwegtäuschen, wie reich dieses Werk an technischer Finesse ist. Das beginnt bei den Kostümen, welche die Charaktere (nicht nur den von Serpico) betonen bis hin zu den grossartigen Schauplätzen. Lumets Film schafft eine urbane und gleichzeitig dekadente Atmosphäre, die ganz bestimmt einen grossen Anteil hat am Erfolg. Ausschlaggebend ist letztlich aber die emotionale und psychologische Entwicklung der Hauptfigur. Die Tragödie Serpicos besteht nicht nur darin, dass seine Umgebung unerträglich ist für ihn - viel mehr wurde sein Traum zerstört! Ganz am Ende, wenn er leise beginnt zu weinen, fühlen wir unendlich viel Mitleid für Serpico: Nicht nur wegen seiner erlittenen Enttäuschung, vor allem für den Zynismus, der nun seinen Charakter ausmacht.

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